摘要:Für die meisten Historikerinnen und Historiker in Frankreich gleicht das frühneuzeitliche Heilige Römische Reich Deutscher Nation einem Buch mit sieben Siegeln. Trotz erster Anfänge eines wechselseitigen Blicks auf die deutsch-französische Geschichte auch in der Frühen Neuzeit1, steht das Alte Reich bis heute weitgehend im historiographischen Schatten. An den französischen Universitäten wurde seine Geschichte lange Zeit kaum gelehrt und erforscht. Im Themenspektrum der Agrégation, die eine zentrale Rolle bei der Fixierung kanonischer Wissensbestände im französischen Schul- und Hochschulsystem spielt, tauchte es bislang als eigenständiger Gegenstand gar nicht auf. Dementsprechend fehlt es in Frankreich auch an soliden Einführungen – im Gegensatz etwa zum angelsächsischen Sprachraum, wo Studierende, Forscher und das interessierte Publikum seit Jahren die Auswahl zwischen mehreren Gesamtdarstellungen haben. Die derzeit aktuellste unter ihnen – Joachim Whaleys 2011 erschienene zweibändige Studie Germany and the Holy Roman Empire2 – gibt nicht nur einen profunden Überblick über die Geschichte des Alten Reichs in der Frühen Neuzeit, sondern ist darüber hinaus eine von der Kritik gelobte eigenständige Forschungsleistung, die auch in Deutschland interessiert wahrgenommen wird. In Frankreich suchte man ein solches Werk vergeblich. Wer dort nach einem Einstieg in die Reichsgeschichte fragt, wird notgedrungen auf ein 1976 erstmals erschienenes und zuletzt 1993 neu aufgelegtes Bändchen aus der populären Reihe »Que sais-je?« verwiesen. Man muss seinem Autor, Jean-François Noël, zwar Bewunderung dafür entgegen bringen, dass es ihm gelungen ist, auf 126 Seiten die wesentlichen Züge der Reichsentwicklung von der Krönung Kaiser Ottos I. im Jahr 962 bis zur Niederlegung der Reichskrone durch Franz II. 1806 weitgehend klar und präzise zusammenzufassen. Mehr als einen ersten Einblick in die vor allem institutionelle Geschichte des Alten Reiches aber kann sein Abriss nicht bieten.