Durkheims Programm für die Soziologie wird rekonstruiert und einer Kritik unterzogen. Dieses Programm hat drei Ziele: Soziologie als eine Wissenschaft (1) von sozialen Phänomenen (2), die als Wissenschaft autonom ist (3). Es stellt sich heraus, daß diese Ziele (in ihrer weiteren Ausarbeitung) nicht zu vereinigen sind. Hierdurch entstehen Probleme, die Dürkheim zum Teil ad hoc löst und zum Teil nicht sieht. Die schwerwiegendsten Folgen dieser Widersprüche sind; Erstens die Eliminierung des Individuum als einer theoretischen Kategorie und damit die Eliminierung des Handelns zugunsten von Phänomenen, die Handeln in keiner theoretisch angebbaren Weise implizieren: strukturierte Erwartungen, Überzeugungssysteme, Symbolsysteme; zweitens die Entstehung einer Schatten-Methodologie, in der das Handeln ad hoc wieder auftaucht, die aber außerhalb des Programm steht und darum nicht kritisiert und weiterentwickelt wird; drittens Vernachlässigung des Problems der Unvollständigkeit sozialwissenschaftlicher nomologischer Hypothesen und dadurch das Fehlen einer soziologischen Tradition, die sich um eine Methodologie bemüht, die das Unvollständigkeitsproblem löst. Wegen der Verankerung der soziologischen Folklore im Durkheimschen Programm liefert die Kritik an diesem Programm zugleich auch einen Beitrag zur Kritik an der soziologischen Tradition.