Obgleich Schichtunterschiede der Mortalität in zahlreichen Studien nachgewiesen sind, ist deren Ursache bislang weitgehend ungeklärt. Die vorliegende Untersuchung analysiert zum einen, inwieweit gesundheitsrelevante Aspekte des Lebensstils für das bildungsspezifische Mortalitätsrisiko verantwortlich sind, und zum anderen, inwieweit sich Hinweise auf einen bislang kaum untersuchten Interaktionseffekt zwischen Sozialschicht und gesundheitsrelevantem Lebensstil finden lassen. Bei der in den Sozialwissenschaften weitgehend unbekannten, epidemiologischen Datenbasis handelt es sich um eine follow-up-Studie des WHO-MONICA-Projektes, die eine Berücksichtigung des Vorsorgeverhaltens und sogar biologisch-medizinischerWerte ermöglicht. Eine zusätzliche Aufhellung des Bildungseffekts wird zudem durch die Unterscheidung der Todesursachen möglich. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die hier untersuchten gesundheitsrelevanten Aspekte des Lebensstils - Tabak- und Alkoholkonsum, Sport, Ernährung und Schlafdauer - einen nachhaltigen Einfluss auf das Mortalitätsrisiko von Männern haben. Bemerkenswert ist, dass die Kontrolle von lediglich fünf Aspekten des Lebensstils ausreichen, um den Bildungseffekt unter die Grenze statistischer Bedeutsamkeit zu drücken. Bei Frauen dagegen ist der Bildungseffekt weit weniger ausgeprägt. In Bezug auf die Krebsmortalität zeigt sich ein wesentlich stärkerer Bildungseffekt als in Bezug auf die Gesamtmortalität, jedoch auch hier wiederum nur bei Männern statistisch bedeutsam. Die Ergebnisse liefern ferner Anhaltspunkte für einen Interaktionseffekt zwischen Lebensstil und Sozialschicht: So fällt die mortalitätserhöhende Auswirkung hohen Alkoholkonsums bei Männern aus oberen Bildungsschichten deutlich geringer aus. Die gesellschaftliche und politische Bedeutung der berichteten Ergebnisse ist weitreichend.